Ähnlich, wie es auch bei uns Menschen der Fall ist, werden auch Hunden je nach Geschlecht bestimmte Charaktereigenschaften nachgesagt. Weibchen sind verschmust und gehorsam, während Männchen bzw. Rüden rauflustig und wild sind. Doch stimmt das wirklich? In diesem Beitrag gehen wir dieser Frage nach, werfen einen Blick auf die Funktion des Rüden im Rudel und räumen mit verbreiteten Vorurteilen auf.
Funktion des Rüden im Rudel
Werfen wir einen Blick auf die Struktur eines Hunderudels. Diese gibt nämlich Aufschluss in die Funktionen der beiden Geschlechter. Da Hündinnen, vor allem wenn sie trächtig waren oder Welpen aufzogen sehr wichtig waren, hatten sie intern das Sagen. Rüden hingegen waren für externe Angelegenheiten zuständig und konnten im Ernstfall leichter wieder ersetzt werden als weibliche Tiere. Sie hatten die Aufgabe, die Grenzen des Reviers zu markieren und dieses sowie das Rudel vor Feinden zu beschützen. Außerdem waren sie für das Zusammenhalten des Rudels, die Nahrungsbeschaffung und die Reproduktion verantwortlich.
Diese Verhaltensweisen haben sich über die Jahrhunderte verfestigt und sind entsprechend teilweise auf unsere heutigen Haushunde übergegangen. Sie gehören also zu ihrem genetisch bedingten Verhaltensmuster. Dazu zählt das Markieren des Reviers, heute vielmehr eine Parkanlage oder Straße. Darüber hinaus messen Rüden, vor allem im jungen Alter, ihre Kräfte mit anderen Artgenossen, um ihren Platz in der Rangordnung zu finden und ihre Dominanz unter Beweis zu stellen. Doch sind Rüden dabei tatsächlich aggressiv?
Wie aggressiv sind Rüden wirklich?
Eine weit verbreitete Annahme ist, dass Rüden rüpelhaft, aggressiv und reizbar sind. Insbesondere im Vergleich zur Hündin. Das kann zwar in manchen Fällen zustimmen. Doch grundsätzlich sind Hunde Individualisten, die je nach Rasse unterschiedliche Charaktereigenschaften mit sich bringen. So gibt es also auch Weibchen bestimmter Rassen, die ein aggressiveres Verhalten an den Tag legen als Rüden anderer Rassen. Wie aggressiv ein Hund ist, hängt also nicht unbedingt vom Geschlecht ab, sondern variiert von Hund zu Hund.
Dennoch gibt es das ein oder andere geschlechterspezifische Merkmal. So lässt sich zum Beispiel sagen, dass Rüden im Allgemeinen außen-orientierter sind als Hündinnen. Sie schnüffeln beispielsweise beim Spaziergang mehr und entfernen sich meist auch ein Stück weiter vom Halter als Hündinnen. Außerdem stimmt es in der Tat, dass Rüden grundsätzlich raufbereiter sind als ihre weiblichen Artgenossen. Doch die Kämpfe, wenn man sie so nennen kann, verlaufen in der Regel harmlos. Kämpfe unter Weibchen hingegen können schon wesentlich aggressiver und härter sein.
Verhältnis zu Herrchen bzw. Frauchen
Spielen Sie mit dem Gedanken, einen Vierbeiner aufzunehmen, sind sich aber unsicher, welches Geschlecht besser zu ihnen passt, dann dürfte diese Information sehr interessant für Sie sein. Zwar gibt es hierfür noch keinerlei wissenschaftliche Belege, allerdings ist es auch laut Experten – nicht immer, aber – oftmals so, dass Rüden, insbesondere schwierige Rüden, besser in der Hand von Frauen funktionieren. Hündinnen hingegen binden sich häufig enger an Männer.
Rüden in der Pubertät
Insbesondere in der Pubertät, also mit Erreichen der Geschlechtsreife, machen sich charakterliche Unterschiede zwischen weiblichen und männlichen Hunden erkennbar, die wieder abklingen, sobald das Tier erwachsen ist. Die Pubertät beginnt zwischen dem fünften und sechsten Lebensmonat und geht je nach Hunderasse bis zum Alter von zweieinhalb bis dreieinhalb Jahren. Mit Beginn dieser Phase treten häufig folgende Veränderungen im Verhalten auf:
– Vermehrtes Markieren des Reviers
– Selbstbewusstes Auftreten
– Rangkämpfe mit anderen jungen Hunden
– Großes Interesse an weiblichen Hunden
Die Rangkämpfe unter pubertierenden Rüden sind in den meisten Fällen harmlos. Das große Selbstbewusstsein sowie das Interesse an Hündinnen können allerdings eine wahre Herausforderung darstellen. Denn diese Faktoren führen nicht selten dazu, dass der Rüde nicht mehr gehorcht und unter Umständen sogar ausbüxt. Darüber hinaus können auch Rüden unter Liebeskummer leiden – und das, öfter als man denken mag. In diesem Fall jaulen sie viel und fressen nur wenig aufgrund der Appetitlosigkeit.
So gelingt die Erziehung bei Rüden
Die Eigenheiten und unterschiedlichen Verhaltensweisen sollten Sie auch bei der Erziehung Ihres Vierbeiners berücksichtigen. Doch schon vor der Pubertät ist eine gute Sozialisierung wichtig. Ebenso wie dem Tier klare Grenzen aufzuzeigen. Aufgrund des erhöhten Sexualtriebs in der Pubertät sollten Rüden zu bestimmten Jahreszeiten beim Spazierengehen womöglich am besten an der Leine gehalten werden. Zudem ist es wichtig, dass sie den Rückruf besonders gut beherrschen. Sonst besteht die Gefahr, dass der Vierbeiner wegläuft und nicht mehr auftaucht.
Macht eine Kastration Rüden leichter erziehbar?
Entgegen der weit verbreiteten Annahme, dass eine Kastration die Erziehung des Hundes erleichtert, führt eine solche nicht automatisch zu einem gehorsamen oder gar unterwürfigen Tier. Vielmehr sollten Sie sich im Klaren darüber sein, welche negativen Folgen ein solcher ernstzunehmender Eingriff für den Vierbeiner hat. Beim Rüden kann die Kastration nämlich zu einer hormonell bedingten Veränderung im Wesen sowie im Gewicht führen. Ob eine Kastration für Ihre Fellnase in Frage kommt oder nicht, sollten Sie also nicht nur gut überdenken, sondern auch mit dem Tierarzt Ihres Vertrauens besprechen.
Fazit:
Rüden sind rüpelhaft und aggressiv? Das kann, muss aber nicht stimmen. Hunde sind in erster Linie Individualisten und so kann eine bestimmte Charaktereigenschaft nicht allen Tieren eines Geschlechts nachgesagt werden. Vielmehr variiert das Verhalten je nach Hunderasse. Dieses Wissen hilft, auf den Hund individuell einzugehen und ihn kennenzulernen. Auch, wenn Rüden, insbesondere in der Pubertät, ihre Dominanz und ihr Selbstbewusstsein zeigen wollen. Kommt es zu Kämpfen, sind diese meist harmlos. Sowohl eine konsequente Erziehung als auch eine gute Sozialisierung sind die Grundlage einer optimalen Haltung.